Wohin geht Europa?

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Klimakrise, soziale Krise, politische Krise. Zerstörung der kollektiven sozialen Sicherungssysteme, Abbau der Arbeitsrechte, Unterdrückung von Protesten. Gewalttätige, stigmatisierende, rassistische Reden. Das ist ein sehr trauriges Panorama vor den Europawahlen am 26. Mai 2019.

Wahlen zum Europäischen Parlament: unsere Vorschläge

Diese Wahlen sollten jedoch eine Gelegenheit sein, über die Zukunft eines Kontinents, seiner Länder und seiner Bevölkerungen zu debattieren. In dieser Zeit sollten wir wir gemeinsam über die Zukunft entscheiden, die wir den kommenden Generationen überlassen werden und über den Platz Europas in einer sich verändernden Welt bestimmen. Das wird aber nicht der Fall sein! Mehr denn je ist sein Name für den alten Kontinent sehr passend. Nichts Neues am Horizont, keine Vorstellungen oder Visionen außer der Vertiefung eines destruktiven und ungerechten neoliberalen Systems, das längst seine Grenzen gezeigt hat.

In diesem Zusammenhang geht es den rückschrittlichen, autoritären und fremdenfeindlichen politischen Kräften gut, die sich von Ängsten ernähren, die angesichts einer bedrohlichen Zukunft verständlich und letztlich recht rational sind. Progressive politische Kräfte hingegen werden marginalisiert. Sie haben wenig Einfluss in der Debatte. Bezogen auf die Wahlergebnisse kann das Erwachen am 27. Mai schwierig sein!

Die europäische Gesellschaft verändert sich jedoch, jeden Tag mehr. Die Jugend, die sich für das Klima einsetzt, ist der schönste Ausdruck davon. Aber auch die Millionen von Frauen, die am 8. März auf die Straße gingen. Aber auch die streikenden Arbeiterinnen und Arbeiter in Betrieben, Pflegeheimen und Krankenhäusern, Hotels, Geschäften und bei der Bahn.

Oder noch die Gelbwesten, die ins Zentrum der öffentlichen Debatte die Lage und Forderungen der arbeitenden und prekären Klassen gesetzt haben. Sie sind zweifellos ein Zeichen dafür, dass die Widersprüche des neoliberalen Modells zu Brüchen führen.

Der Zorn ist allgegenwärtig, die Bewegungen werden mutiger, radikaler, innovativ, aber die Regierungen lassen nichts zu, sie unterdrücken und sie werden durch unsere Kämpfe noch nicht zum Einlenken gezwungen.

Die Risse im neoliberalen Modell, die Krise der Legitimität von Regierungen und Institutionen können, wenn wir sie aufgreifen, Chancen für progressive Kräfte sein. Wir müssen unseren Radikalismus wieder beleben und die Notwendigkeit einer alternativen Gesellschaft deutlich machen. Die Menschen sind bereit, es zu hören.

Dies ist eine Zeit für neue Ideen, neue Rezepte, auf allen Ebenen: von der politischen Philosophie bis zu organisatorischen Fragen. Ideen werden nicht abstrakt geboren, sie drücken die Realität unserer Welt und die Erfahrung unserer täglichen sozialen und politischen Handlungen aus. Wir müssen uns die Zeit nehmen, sie zu entwickeln, Diskussionsräume zu finden (Altersummit ist einer davon), die neuen Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen. Wir müssen diese Philosophie der Praxis wieder aufbauen, von der Antonio Gramsci vor fast 100 Jahren sprach.

Unsere Aufgabe ist es, Europa zu verändern, ihm eine ökologische und sozialgerechte Zukunft zu geben. Dies wird mindestens eine Generation erfordern, denn wir brauchen die Zeit, die Mscht der Bevölkerung aufzubauen, die diese Transformation bewirken wird! Wir gehen daher diese Wahlen ohne Angst, ohne Illusionen und im Bewusstsein unserer echten Ziele an; und lasst uns am 27. Mai mit noch mehr Entschlossenheit fortfahren!